Die jüngsten Insolvenzen von Air Berlin und dem Küchenhersteller Alno haben es wieder gezeigt. Unternehmen können schneller als man glaubt in die Insolvenz rutschen. Doch die Insolvenz muss nicht immer das endgültige Aus bedeuten. Air Berlin hat ein Insolvenzverfahren in Eigenregie beantragt - also ohne Insolvenzverwalter. Wie soll das klappen?

Seit dem Jahr 2012 bietet das Insolvenzrecht Unternehmen die Möglichkeit, eine Unternehmenssanierung in Eigenregie, also ohne Eingriff eines externen Insolvenzverwalters, durchzuführen. Das ist ein unternehmensfreundlicher Ansatz, da die Geschäftsführung die Leitung behält und selbst ein Sanierungskonzept erarbeiten und umsetzen kann. Ziel ist es, die Existenz des Unternehmens zu sichern und eine Zerschlagung des Unternehmens zu vermeiden. Das Gericht muss dem Verfahren zustimmen.

 

Insolvenz anmelden

Nach der Insolvenzordnung muss die Geschäftsführung innerhalb von drei Wochen beim zuständigen Amtsgericht den Insolvenzantrag stellen, wenn einer der drei Faktoren vorliegt:

  • Das Unternehmen ist überschuldet – seine Verbindlichkeiten sind höher als sein Vermögen.
  • Es ist abzusehen, dass kurzfristig Zahlungsunfähigkeit droht.
  • Die Zahlungsunfähigkeit ist bereits eingetreten.

 

Sanierung erleichtern

Eine Insolvenz in Eigenregie gibt der Geschäftsführung Zeit, in Ruhe eine nachhaltige Sanierungsstrategie zu entwickeln. Zudem stärkt sie den finanziellen Spielraum, da die Gehälter für die nächsten drei Monate aus der Insolvenzkasse der Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden. Das eigentliche Anliegen der Insolvenz, die Gläubigeransprüche zu befriedigen, bleibt unberührt. Das sind die Vorteile:

  • Unternehmer/innen können selbst bestimmen, welcher Sachwalter ihnen zur Seite gestellt wird, der sie berät und kontrolliert. Dadurch haben sie selbst die Zügel in der Hand und müssen die Geschäftsführung nicht an einen vom Gericht bestimmten Insolvenzverwalter abgeben. Sie haben weiterhin die Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen.
  • Größere Unternehmen (Bilanzsumme größer 4,84 Mio. Euro, Umsatzerlöse größer 9,68 Mio. Euro und/oder mehr als 50 Arbeitnehmer) müssen einen vorläufigen Gläubigerausschuss einberufen, in dem alle Gläubigergruppen vertreten sein sollten. Dieses Gremium hat ein wichtiges Mitspracherecht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters und der Anordnung der Eigenverwaltung und kann beratend unterstützen. Um zu verhindern, dass einzelne Großgläubiger das Verfahren dominieren, muss das Gremium einstimmig den Sachwalter bestimmen.
  • Mit dem Sachwalter an ihrer Seite hat die Geschäftsführung drei Monate Zeit, in Ruhe alle notwendigen Schritte einzuleiten und die Geschäfte fortzuführen. In dieser Zeit dürfen die Gläubiger keine Vollstreckungsmaßnahmen einleiten.
  • Es besteht Sonderkündigungsrecht für Miet-, Leasing-, Liefer- und Arbeitsverträge. Unternehmer/innen dürfen für ihre Mitarbeiter drei Monate lang Insolvenzgeld beantragen.

 

Verfahren beantragen

Da das Gericht dem Schutzschirmverfahren zustimmen muss, ist der Sanierungsantrag im Vorfeld von der Geschäftsleitung sorgfältig vorzubereiten. Die Sanierungsfähigkeit muss von unabhängigen Experten bescheinigt und nachvollziehbar sein. Die Eigenverwaltung darf auch nicht zu einer Benachteiligung der Gläubiger führen. Stimmt der Gläubigerausschuss einstimmig zu, soll das Gericht hieran gebunden sein. Stimmt das Gericht nicht zu, wird es einen Insolvenzverwalter bestimmen. Von da an hat die Geschäftsführung nichts mehr zu sagen. Das Schicksal des Unternehmens liegt nun in der Hand des “fremden“ Insolvenzverwalters.