Um was geht es?

Es geht um Dieselmotoren der Reihe EA 189, auch „Schummelmotoren“ genannt. Die Software in der Motorsteuerung ist so programmiert, dass sie registriert, wenn der für die Prüfung unter Laborbedingungen festgelegte künstliche Fahrzyklus durchgeführt wird. Dann schaltet die Abgasbegrenzung ein, wodurch die Stickoxide erheblich reduziert werden. Im Normalbetrieb hingegen werden wesentlich mehr Stickoxide freigesetzt. Laut der US- Umweltbehörde wird dadurch die Emissionsgrenze um das bis zu 40-fache überschritten.

 

Wie geht VW mit dem Abgasskandal um?

In den USA zahlt VW den Käufern von Autos mit Schummelmotoren pauschale Entschädigungen zwischen 5.000 und 10. 000 $. In Deutschland gibt es eine solche Lösung nicht. Das liegt vor allem daran, dass die US-Behörden weitergehende Befugnisse als die deutschen Behörden haben. Außerdem können die Kunden in den USA kostengünstige Sammelklagen erheben, was in Deutschland nicht möglich ist.

 

Die Rechtslage in Deutschland

Zunächst: es gibt bisher noch keine obergerichtliche Entscheidung. Während die Gerichte anfangs eher zugunsten von VW urteilten, scheint sich nun eine Trendwende anzudeuten.

 

Bei Klagen der Käufer gegen ihren Vertragspartner, im Allgemeinen den Händler, haben verschiedene Landgerichte entschieden, dass  sie einen Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Autos haben, wobei sich die Käufer allerdings Nutzungsvorteile für gefahrene Kilometer anrechnen lassen müssen.

 

Manche Landgerichte haben bei Vorliegen der Voraussetzungen den Händler sogar dazu verurteilt, ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos nachzuliefern, also ohne Anrechnung von Nutzungsvorteilen für die gefahrenen Kilometer.

 

Wenn Käufer ihren manipulierten Wagen behalten wollten, steht ihnen ein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises zu, wobei der Minderungsbetrag vom Gericht geschätzt werden kann.

 

Problematisch bei diesen dargestellten vertraglichen Ansprüchen der Käufer ist die kurze zweijährige Verjährungsfrist, die ab Auslieferung des Autos an den Käufer beginnt. Bei gebrauchten Autos kann diese Frist sogar auf ein Jahr abgekürzt werden. Handelt es sich bei dem Käufer um einen Unternehmer, können Gewährleistungsansprüche in der Regel nur binnen eines Jahres seit Übergabe geltend gemacht werden, bei einem an ihn verkauften  Gebrauchtwagen können diese Ansprüche sogar komplett ausgeschlossen werden.

 

Zwar hat VW gegenüber Käufern, die von dem Diesel-Abgasskandal betroffen sind, bis zum 31.12.2017 auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Da VW aber nicht Vertragspartner der Käufer ist, hat dieser Verzicht bezüglich der Verjährungsfrist für Ansprüche gegen den Händler nur dann Bedeutung, wenn auch der Händler freiwillig bis zu diesem Datum auf die Verjährungseinrede verzichtet. Einige Händler haben dieses getan - wohl nach Erteilung  einer entsprechenden Freistellungsklausel seitens VW.


Gegenüber VW können aber deliktische Ansprüche wegen Betrugs /sittenwidriger Schädigung geltend gemacht werden. Vorteil dieses Vorgehens ist, dass solche Ansprüche erst am 31.12.2018 verjähren. Dann muss allerdings der Kunde in der Regel beweisen, dass ihm nach Aufspielen des der Mängelbeseitigung dienenden Software-Updates Schäden entstehen, die er auch noch beziffern  muss.


Allerdings hat das Landgericht Hildesheim in einer aufsehenerregenden Entscheidung im Januar 2017 zugunsten des Kunden entschieden, dass trotz des Aufspielens der neuen Software mit Folgeschäden zu rechnen ist. Dies rechtfertige es, den Käufer so zu stellen, wie er ohne die Täuschung über die ungesetzliche Motorsteuerungssoftware gestanden hätte. Daher wurde VW verurteilt, dem Käufer den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos unter Abzug der Nutzungsvorteile für gefahrene Kilometer zu erstatten.
VW hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Es kann nicht prognostiziert werden, ob dieses Urteil in der nächsten Instanz bzw. einer eventuellen Revision vor dem BGH Bestand haben wird.


Fazit

Autokäufer, die wegen Verjährung gegen Ihren Vertragspartner keine Ansprüche mehr gelten machen können, kann also derzeit nur empfohlen werden, bis spätestens zum 31.12.2018 deliktische Ansprüche gegen VW geltend zu machen. Allerdings sollte man wegen des Prozesskostenrisikos eine eintrittsbereite Rechtsschutzversicherung haben.